Während sich die ersten Wochen in Schruns länger anfühlen, geht es dann plötzlich ganz schnell. Chris 30er Geburtstag steht an, zu dem sich seine Eltern und eine Woche später Freunde angekündigt haben. Außerdem wollen wir im Montafon und Umgebung noch einige Ausflüge machen, ein paar Gutscheine einlösen und dann sind da natürlich auch noch einige Orga-Sachen zu erledigen bevor es wieder in den Reisemodus geht.
Aber der Reihe nach. Ein paar Tage nach dem wir aus unserem Kurzurlaub im „Fernblick Hotel“ zurück sind, kommen schon Chris Eltern. Nachdem wir mit ein wenig Überredungskunst, so viel war zum Glück bei unserem Chef nicht notwendig, unseren Wunsch-Schichtplan für die Woche bekommen haben, gestalten wir ein buntes Urlaubsprogramm für und mit ihnen. An Chris Geburtstag kommen wir mit ein paar Marillen und "heißen Witwen" im Blut zurück in unser Apartment. Hier warten zur Überraschung Chris Eltern hinter der Tür. Unsere Arbeitskollegin Marry hatte ihnen zuvor noch eine Torte aus der Patisserie des Hotels mitgebracht, die Laura extra bestellt hatte. Es war ein großes Wiedersehen.
Mit dem „Sonnenticket“ fahren wir gemeinsam in unterschiedliche Skigebiete, wo wir beeindruckende Aussichten und die Sonne bei Kaffee und einem Aperölchen im Liegestuhl genießen. Das Ticket wird seinem Namen also voll gerecht. Auch die Bielerhöhe, die mit der spektakulären Anreise im Tunnelbus schon ein Erlebnis für sich ist, wollen wir den beiden nicht vorenthalten. Hier fährt man erst mit der Gondel auf den Berg, muss dann in Kleinbussen durch einen alten Stollen unter dem Bergmassiv hindurch fahren und kommt so auf die sonnige Hochebene des Stausees mit Blick auf den Biz Buin. Eine wunderbar verschneite Mondlandschaft.
Und dann futtern wir uns noch durch die „Löwen“ in der Region. In drei verschiedenen Löwenrestaurants gehen wir essen. Von Burgern über Wild-Gerichte und einem 6-Gängemenü. Der Name "Löwe" ist hier sehr geläufig und jeder Ort hat wohl einen eigenen. Gewinnen tut natürlich unser Löwen Hotel, denn an Chris Geburtstag sind wir „bei uns“ im Hotel zu Gast. Es fühlt sich komisch an heute auf der anderen Seite der Tische zu sitzen, aber unsere KollegInnen sind der Hit. Auch unser Chef und der Hoteldirektor begrüßen und gratulieren persönlich, worüber wir uns sehr freuen und was Chris Eltern beeindruckt. Den Abend werden wir alle wohl nicht vergessen. Anschließend folgt natürlich noch eine feucht fröhliche Party mit unseren KollegInnen. Die in der „Knastkantine“ beginnt, sich in der Löwengrube (dem hoteleigenen Club) aufbaut und schließlich im Teamhaus endet. Auch eine (ehem.) Arbeitskollegin von Chris ist zufällig zu dieser Zeit in Schruns. Sie sind auf Flitterwochen in einem benachbarten Wellness-Hotel und kommen am Abend noch auf ein paar Bierchen rum.
Am Samstag ist immer um 12:00 Uhr Teambesprechung, so auch am Samstag nach Chris Geburtstag. An diesem Tag ist die Teilnahme jedoch äußerst spärlich und zieht ein paar Abmahnungen mit sich. Zum Glück nicht für uns, wir sind erschienen aber naja, es war eben eine gute Party. Unser Familienurlaub vergeht wie im Flug und es heißt viel zu schnell Abschied nehmen. Wir werden nicht mehr lange in Europa sein, sodass ein weiterer gemeinsamer Urlaub unwahrscheinlich ist. Und so müssen wir doch ein paar Tränchen am Bahnhof in Bludenz verdrücken.
Die nächste Woche wird durchgearbeitet und ordentlich Überstunden geknüppelt, denn es hat sich erneut hoher Besuch angekündigt. Die Überstunden wollen wir direkt in der nächsten Woche mit unseren Freunden Tobi und Julian im wahrsten Sinne des Wortes "abfeiern". Wir sind super happy, dass es klappt und wir direkt nochmal „Urlaub“ haben dürfen. Doch so war unser Deal im Hotel: eine 6 Tage Woche JA, Teildienst der uns die 6 Tage auch völlig durcheinanderbringt JA, Überstunden JA, Einfache Gehaltsgruppe JA, aber dafür auch alle Urlaubstage und Überstunden nutzen können. Die beiden Jungs schlafen also bei uns im Apartment, das wir zum Bettenlager umfunktionieren. Wir empfangen sie auf unserer Arbeit mit einem 6 Gänge Menü und bedienen die Beiden, die sich übrigens für den Abend sehr schick gemacht haben. So genießen sie einen exzellenten, nämlich den unseren Service :-D den sie natürlich mit einer Google Referenz positiv bewerten. Auch unsere Kolleginnen aus der Bar stellen sich mit einem gemeinsamen Schnapserl vor. Da wir nicht beide die kompletten Tage frei bekommen konnten, was vollkommen in Ordnung ist, haben die Jungs zwei Herrentage für sich. Die anderen Tage machen wir die Pisten gemeinsam unsicher.
Unsicher fühle ich mich und ich glaube Tobi auch ein bisschen beim Nachtrodeln. Es geht schon los mit dem wackeligen hölzernen Sessellift, bei dem es nicht möglich den Bügel anzulegen, wenn man gleichzeitig auch noch einen Schlitten hält. Wir haben nur eine Abfahrt gebucht, also heißt es erstmal „Abfahrt, Abfahrt“ am Glas, im Brunellawirt. Nach einem Bier- und einem Jack-Daniels Tower ist die Unsicherheit, dann auch schon viel weniger und wir stürzen uns todesmutig die Rodelpiste herunter. Von unseren heimischen KollegInnen haben wir schon die wildesten Geschichten und von den tollsten Verletzungen gehört, aber wir sind ja bekanntlich vorsichtig. Anscheinend sind wir sogar zu langsam oder zu „trödelich“. Vielleicht machen die anderen auch einfach keine 4 Pinkelpausen auf 100m und wahrscheinlich fahren sie auch nicht erst kurz vor Ende los. Es ist aber auch schwierig, sich von der Party loszulösen, weil die Rodelabfahrt nur bis 22:00 Uhr geöffnet ist. Auf jeden Fall wird plötzlich das Licht abgeschaltet, als wir mitten auf der Strecke sind. Wir sind natürlich bestens ausgestattet – nicht. Die Kopflampe liegt im Zimmer neben der Skihose. Wir sind nämlich heute zur Party mit Jeans unterwegs und leuchten jetzt ohne Handschuhe mit der Handylampe den Weg. Eine selten beschissene Idee. Aber der/die MitarbeiterIn scheint Mitleid mit uns zu haben, als wir wahrscheinlich verzweifelt auf irgendeiner Überwachungskamera erschienen sind. Plötzlich geht das Licht nochmal an und wir schaffen es noch den Rest der Strecke, es sind nur noch die letzten ca. 90% der Route, heile hinunter ins Tal. Auch dieser Skiurlaub ist viel zu schnell vorüber. Aber wer weiß, Japan soll tolle Pisten haben, vielleicht ist das ein nächstes Ziel?
Gibt es die Starcard eigentlich auch für unterwegs?
Wir lieben die "Starcard" und es ist schon der Running Gag bei unseren KollegInnen, egal was wir erzählen, ob das denn auch in der Starcard war. Und meistens haben sie Recht und es war in der Stracard enthalten. Egal ob Wellnesshotel, Frühstücksbuffet, neues Skiegebiet, Eisklettern, Schneeschuhwandern oder Essen gehen, alles möglich Dank der Starcard. Und wie heißt es doch so schön: „Je mehr Du machst und ausgibst, je mehr sparst Du.“
Die Starcard ist eine Rabattkarte für MitarbeiterInnen in Voralberg, dem hiesigen Bundesland. Alle Betriebe, die ihren Mitarbeitenden Rabatte ermöglichen wollen, müssen auch selber etwas anbieten. Und in der Regel handelt es sich dabei um einen 2:1 Gutschein. Es nehmen viele Hotels, Restaurants etc. teil, aber auch der Tourismusverband Montafon, sodass auch einige Skigebiete und Hüttenrestaurants mit reduziertem Preis dabei sind.
Außerdem sind 10 Zugfahrten pro Jahr im gesamten Voralberg inkl. angrenzender Bahnhöfe kostenlos. So fährt Chris noch seinen Freund Felix in St. Anton besuchen und wir einen Tag an den Bodensee. Wir werden noch zu richtigen Starcard VertreterInnen und können uns wirklich nicht erklären, warum unsere KollegInnnen, die abwechslungsreichen Angebote so wenig nutzen. Hierzu eine kleine Anekdote: Eine unserer Lieblingskolleginnen sagte z.B. zu den kostenlosen Zugfahrten, sie habe doch die ÖBB-Karte und zahle nur die Hälfte. Die Hälfte ist, aber immer noch 50% mehr als kostenlos. Wir konnten sie dann doch überzeugen, die Karte zu beantragen. Die 10 Fahrten hat sie auch noch ausgenutzt und ist danach wieder auf ihre ÖBB Karte umgestiegen.
Kurz vor Ende unserer Zeit im Schnee hatten wir uns noch für eine Schneeschuhwanderung auf der Bielerhöhe eingetragen, natürlich womit? Korrekt, siehe oben. Diese ist damit für uns sogar kostenlos gewesen. Mit Lawinenpiepser und Schneeschuhen ausgestattet, wandern wir bei Kaiserwetter auf über 2.000m.
Man könnte ja meinen, wir hätten aus unserem ersten Fehler auf der Bielerhöhe beim Eisklettern gelernt, aber nein. Während wir im Bus auf dem Rückweg sitzen, denke ich schon so: „Mein Gesicht spannt aber ordentlich“. Als wir dann zuhause sind, sehe ich im wahrsten Sinne des Wortes „rot“ als ich in den Spiegel schaue. Chris fängt während der Arbeit an zu „leuchten“. Unser Chef kriegt sich nicht mehr ein. Während wir dachten, wir werden heute ins Backoffice verbannt, servieren wir heute tatsächlich zum ersten Mal in der Gourmetstube, dem besten Restaurant des Hauses. Aber die Familie, die wir bedienen ist total nett und muss mit uns lachen. Außerdem ist so das Eis schnell gebrochen oder vielmehr geschmolzen. Nur unsere Zusammengehörigkeit können wir jetzt nicht mehr leugnen, als eine Dame uns mit den Worten "Sie waren aber zusammen unterwegs, was?" anspricht. Als wir von einem Gast AfterSun und Sonnencreme geschenkt bekommen, wissen wir nicht, ob wir uns freuen oder schämen sollen. Aber vielleicht könnt Ihr nun besser den Verbrennungsgrad einordnen.
Ein zweiter sanfter Reiseeinstieg mit Freunden
Wir sind die einzigen im Team, deren Vertrag früher und nicht mit der Saison und der damit verbundenen Schließzeit endet. Wenn nicht schon der gemeinsame Urlaub geplant wäre, hätten wir vielleicht auch nochmal verlängert. Es fühlt sich irgendwie nicht rund an, die Saison nicht zu Ende zu führen, sind es auch nur zwei Wochen, die wir eher gehen. Wir müssen uns wieder von allen verabschieden und werden viele unserer KollegInnen vermissen, so haben wir sie in unser Herz geschlossen. Eine ordentliche Abschiedsfeier darf natürlich nicht fehlen und alle sind dabei. Es ist ein wirklich schöner Abschied.
Trotzdem quälen wir uns am Morgen aus dem Bett, es ist unser letzter Vormittag an dem wir Ski fahren können und wir wollen noch einmal zum Skigebiet Golm. Das möchte uns allerdings den Abschied leicht machen und wir düsen bei Regen ein letztes Mal die Pisten herunter.
Dann ist schon Freitag und unsere letzte Schicht im Hotel geht zu Ende. Ein letztes Mal snacken wir im Backoffice die Käsereste vom Käsebuffet mit unseren KollegInnen, trinken einen Perso-Wein, lästern liebevoll über die Gäste und erzählen uns die besten Stories des Abends.
Es ist, wie ein zweiter Abschied, obwohl wir doch wussten, dass wir hier nur auf Zeit sein werden. Als wir dann im Zug nach Spittal sitzen, fühlt es sich auch eher an, als hätten wir Urlaub und würden in ein paar Tagen zurückkommen. Mal schauen, wie lange es diesmal braucht bis wir wieder im „Reisen“ angekommen sind, denn erstmal ist auch tatsächlich Urlaub angesagt. Mit Freunden treffen wir uns im Ferienhaus von den Eltern meiner Freundin Katja. Die letzten Jahre war das unser Mädelsurlaub. Dieses Jahr dürfen die Jungs mitkommen. In Spittal werden wir von Katja und Martin am Bahnhof abgeholt. Die beiden sind gestern Abend bereits am Ferienhaus in Fresach angekommen und konnten Katjas Eltern zumindest noch „Hallo“ sagen. Ein fliegender Wechsel sozusagen. Am nächsten Morgen kommen Hannah und Tobi aus Oberhausen an und dann steht erstmal großes Einkaufen auf dem Programm. Wir kochen alle gerne und hier haben wir die Zeit und die Muße dafür. Zeit braucht es zum Kochen hier auch. Der Herd wird, wie die Heizung mit Holz befeuert. Dadurch braucht es seine Zeit, ist aber total gemütlich und entschleunigend. Und das soll ja schließlich heilsam sein. Außerdem ist es draußen nochmal richtig kalt geworden. Ein überraschender Wintereinbruch, den wir bei den fast schon sommerlichen Temperaturn an unseren letzten Tagen in Schruns wirklich nicht erwartet haben. Der Wintereinbruch soll aber nicht nur anhalten, sondern noch kälter werden. Das ist natürlich genau das Gegenteil von dem, was wir uns vorgestellt haben, wenn wir mit dem Zelt im Balkan unterwegs sind. Im Ferienhaus sind die kühlen Außentemperaturnen natürlich kein Problem, im Gegenteil sie sorgen für eine kuschelige Atmosphäre. Der Erste, der morgens wach ist schmeißt den Ofen an, der Zweite setzt den Kaffee auf und nach und nach finden sich alle in der warmen Küche zum Frühstück zusammen.
Wir machen einen ausgedehnten Spaziergang am Millstättersee, erkunden die nahe Umgebung, besichtigen Villach und besuchen den Weißensee. Der Weißensee ist wirklich jedes Mal (eigentlich besuchen wir den immer, wenn wir im Ferienhaus sind) ein absolutes Highlight. Tobi und Chris haben Spaß mit ihren Drohnen zu düsen und Aufnahmen zu machen. Wobei Chris mehr Aufnahmen macht und Tobi mehr düst. Die Drohnen sind für unterschiedliche Schwerpunkte ausgelegt und ergänzen sich hier gut.
Außerdem zaubern wir richtige Festessen auf dem Holzofen: Klöße mit Rotkohl und Champignoncremesauce, Kartoffel-Spinat Auflauf oder Lasagne sind nur einige der Highlights. Außerdem wagen wir uns an einen Apfel- und Topfenstrudel, da unser Lieblings Café hier noch im Winterschlaf ist. Selbst der gelingt uns erstaunlich gut, fast wie im Café.
Am Abend wird gespielt. Für abwechslungsreiche Spiele sorgen Hannah und Tobi unsere Spielemaster. Und dann ist auch diese Woche wieder einmal viel zu schnell vorbei. Wir freuen uns zwar auf den Balkan und alles was dahinter liegt, aber der Urlaub mit Freunden war schon etwas sehr Schönes. Als wir uns auf einer Raststätte lange verabschieden, heißt es für uns das erste Mal in unserem beider Leben, den Daumen in den Wind zu halten und per Anhalter zu reisen. Es ist schon in gewohntem österreichischen Umfeld ein völlig skurriles Gefühl und wir wollen so ja schließlich einmal ganz um die Welt. Ob das was wird?
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