Unsere traumhafte Verlobung im Pamir Gebirge, während unseres Roadtrips zum Tulpar Lake ist mit Sicherheit das Highlight dieser Wochen in Kirgisistan. Aber auch unsere GastgeberInnen sind absolute Highlights, wobei sie unterschiedlicher kaum sein könnten. So stellen wir wieder einmal fest, dass die Couchsurfing Community kein Alter oder soziale Schicht kennt und einfach toll ist.
Wir schicken ein eigentlich eindeutiges Bild in unsere Familien- und Freundesgruppen. Aber damit scheint wirklich keiner gerechnet zu haben. Alle freuen sich über die tollen Bilder, die Mondlandschaft und fragen, wie wir an diesen einsamen Ort gekommen sind. Den Ring mit dem grünen Herz an meinem Finger scheinen sie zu übersehen. Zugegebenermaßen hatte ich selbst nicht damit gerechnet. Als sich meine beste Freundin vor wenigen Monaten verlobte und wir darüber sprachen, klang ebenfalls nichts durch. Chris hat jedoch alles von langer Hand geplant und den Ring bereits in Deutschland besorgt und gravieren lassen. Wie schön ist es, dass ich den Ring nicht zufällig schon vorher entdeckte, wühlen wir doch häufig auch im Rucksack des Anderen, um irgendwas zu finden. Im Familienurlaub in Griechenland im Mai hat Chris sogar noch bei meinen Eltern um meine Hand angehalten, heimlich als ich am Morgen joggen war.
Ein bisschen wunderte es mich dann doch, dass Chris direkt vom Mietwagen trotz des hohen Mietpreises, überzeugt ist. Aber da der Tulpar Lake schon lange auf der Bucketliste steht, sorgt seine Überzeugung eher für Irritation statt Misstrauen und ich lasse mich gerne darauf ein. Andernfalls hätten wir unseren 10. Jahrestag vielleicht nicht am beeindruckenden Tulpar Lake, sondern irgendwo in einem kirgisischen Dorf verbracht. So könnten wir zu seinem Antrag an keinem schöneren Ort sein. 3.050m über dem Meeresspiegel, am Rande des Pamir-Gebirges, umgeben von unzählige kleine Türkisblaue Seen, die wie gefüllte Krater in der sonst herbstlich gelben Hügellandschaft liegen. Am Rand des Wassers spiegeln sich weiße Yurten und dahinter liegen endlose Weiten. Chris kocht uns eine vorzügliche Camping Tomaten-Auberginen Pfanne, dazu picknicken wir mit Knoblauch-Baguette, Käsewürfeln, Rohkost und süßen Snacks. Sogar einen Rosenstrauß organisiert er und kann ihn vor mir verstecken…
Als er dann auf die Knie geht haben wir beide Tränen in den Augen. So viele Jahre haben wir schon unzählige schöne und herausfordernde Momente erlebt. Lange haben wir auf diese Reise gewartet, sie immer wieder vor uns hin geschoben. Nun stehen wir hier mitten im Nirgendwo, auf der Grenze zwischen Kirgisistan und Tadschikistan, mit allem was wir haben und sind unfassbar glücklich.
Perfekt unperfekt macht den Abend lediglich, dass wir uns beide am Tag etwas den Magen verdorben haben. Wir müssen immer wieder die Nacht raus und das bei eisig aufgezogenem starken Wind. Das Zelt haben wir mit allen Leinen abgespannt, doch der konstante Wind drückt es gut ein. Es wird eine kurze Nacht, doch das wegen der Umstände, nicht wegen des Liebesglücks.
Hochzeit feiern wollen wir aber erst Zuhause zusammen mit unseren FreundInnen und Familien und am liebsten in unserem Garten. Aber Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude. Bis dahin erfreue ich mich jeden Tag an meinem Verlobungsring, der nun mit diesem besonderen Ort und dieser wunderbaren Reise verbunden ist. Und mich so an die vielen gemeinsame Abenteuer erinnert.
Ziegenspaziergang durch die Stadt – auch hier eher eine Seltenheit
[…] erzählt Chris als er mit einer neuen-alten Ziege und unserem Gastgeber Muslim wieder kommt. Es scheint auch für die örtliche Bevölkerung kein alltägliches Bild zu sein, dass jemand mit seiner Ziege spazieren geht. Vielleicht war es aber auch die Kombination: ein Mann in traditionellen islamischen Gewändern mit langem Bart und Gebetskappe, ein Junge von knapp 10 Jahren ebenfalls in traditionellen Gewändern, Chris offensichtlich weißer Europäer und ein überdimensionaler großer weißer Ziegenbock.
In den Tagen als wir in Osch bei Muslim und seiner Familie sind, steht ein kleiner Ringtausch der männlichen Ziegen an. Mit anderen Ziegenhaltern in der Stadt ist es an der Zeit den weiblichen Ziegen etwas Abwechslung zu bieten. Der getauschte Ziegenbock kommt jedoch bei den Damen nicht gut an. Er ist wohl zu stark und dominant, sodass er die weiblichen Ziegen eher verstört und den Stall zerstört. Er wird dann doch wieder gegen den alten friedlichen Ziegenbock getauscht. All das passiert in der Nacht, wo eigentlich nicht viel auf den Straßen los sein soll. Naja, ist es dann doch und der riesige Ziegenbock muss teilweise mit zwei Person gehalten werden. Funfact: Ziegenböcke baden in ihrem eigenen Urin, um attraktiver für die Ladies zu „duften“. Chris T-Shirt taugt nach dem zweiten Wäscheversuch leider nur noch fürs Anmachen des Ofens und wird aussortiert.
Couchsurfing ist eben eine einzigartige Möglichkeit Menschen mit unterschiedlichen Lebensweise zusammen zu bringen. Gemeinsame Erlebnisse zu teilen und den Alltag des Anderen kennenzulernen. Nebenbei lernt man natürlich auch andere Sprachen, nicht zuletzt besser Englisch. Außerdem ist das Sightseeing in der Stadt ebenfalls ein anderes. Alleine schon, weil wir meistens in kleinen Wohnvierteln wohnen und nicht im Zentrum. Und da gibt es meistens, die schönsten Cafés, Imbisse oder Märkte. Aber auch für die GastgeberInnen ist es eine interessante Möglichkeit ihre Stadt durch die Augen eines Touristen zu sehen. Und vielleicht selbst noch von dem ein oder anderen neuen "Spot" zu hören.
Südseefeeling und frieren im Zelt
Nun wollen wir endlich in die kirgisische Landschaft eintauchen, darauf haben wir uns schließlich am meisten in Kirgisistan gefreut. Einen ersten Eindruck von Weite, herbstlich gelber Landschaft und Yurten erhaschen und damit einen kleinen Vorgeschmack auf die Mongolei bekommen. Nachdem wir erst Osch und dann ein paar Tage in Bischkek verbracht haben, sehnen wir uns raus in die Natur zu kommen. Obwohl wir in beiden Städten viel erlebt und gesehen haben. In Bischkek übernachteten wir in einer Stadtvilla bei Alexander uund seiner Familie. Er und seine Frau Michlle haben uns in einem kleinen Ort hinter Osch "aufgegabelt" und uns nicht nur knapp 700km bis nach Bischkek mitgenommen, sondern auch spontan für ein paar Tage zu sich nach Hause eingeladen.
Für eine Bergwanderung werden wir wohl kaum genügend Zeit haben, aber zum Yssykköl See und zumindest zum Fuße des Gebirges in Karakol wollen wir schon.
Als wir zum Sonnenuntergang mit den Füßen im Sand vor unserem Zelt am Yssykköl See sitzen, fühlt es sich nach Sommer, bei den Farben schon fast nach Südsee an. Während ich noch eine Runde im See schwimme, sitzt Chris als hipper Influencer mit dem Laptop am Strand. Wir können es uns nicht verkneifen und müssen auch ein Foto von dieser Szene machen. Als wenig später der Akku des Laptops schlapp macht und wir die ersten Sandkörner aus der Tastatur puhlen, wird uns wieder bewusst, warum wir selten am Strand unser Tagebuch schreiben. Mit Zelt und Rucksack ist man eben doch nicht in jeder Hinsicht so flexibel unterwegs, wie es sich zunächst anhört. Dafür können wir den Abend ganz für uns genießen. So hat es auch etwas Gutes die Abhängigkeit der Elektrogeräte durchbrechen zu können, wenn auch manchmal unfreiwillig.
Das Südseefeeling ist schnell verflogen. Als wir am nächsten Morgen aufstehen müssen wir uns erstmal warmlaufen, um ins Wasser zu kommen. Als ich zurück gelaufen kommen, lege ich mich fast in ein falsches Zelt, denn da steht plötzlich noch ein kleines grünes unweit von unserem. Haben wir gestern gar nicht mehr kommen hören. Wir winken mit den Kaffeetassen rüber und das russische Pärchen kommt dankend zu uns durch den Sand gestapft. Sie sind gerade erst in ihre ebenfalls längere Reise gestartet. Um Gewicht zu sparen, verzichten sie auf einen Kocher. Dafür darf aber das Sound System nicht fehlen und plötzlich werden aus einem Sportbeutel zwei richtige Musikboxen von jeweils ca. 1,5Kg ausgepackt. Ohne Akku, sondern nur nutzbar an einem Verstärker, der vor Ort vorhanden sein muss. Vielleicht nicht das praktischste Reisegepäck versuchen wir diplomatisch zu beraten. Und auch die beiden müssen schmunzeln, als wir dann, aufgrund nicht vorhandenen Verstärker Musik über den Handylautsprecher hören. Natürlich nicht mit dem gleichen Sound aber leichter zu tragen und verfügbar. Aber nicht nur Musik, sondern auch Kunst liegt ihnen am Herzen. Und so lassen sie uns diese Zeichnung als Erinnerung an den überraschend schönen und entspannten Morgen da.
Luftmatratzenjagd durch Almaty
Couchsurfing einfach immer anders, wird uns in diesen Wochen, nach der Ziegenjagd und dem Luxusurlaub in Bischkek wieder bewusst. In Almaty schlafen wir im Rohbau eines Gästehauses. Nurilya, unsere Gastgeberin antwortete, dass ihre Wohnung für zwei Leute zu klein ist, wir aber im Gästehaus schlafen können, wo sie arbeitet.
Als Gegenleistung helfen wir beim Frühstück aus. Das Gästehaus ist von einem kleinen Garten umgeben in dem wir morgens Äpfel pflücken, um Apfelkuchen, Apfelpfannkuchen oder Apfelmus fürs Frühstück zuzubereiten. Uns gefällt die Arbeit hier. Das Gästehaus ist klein, aber sehr gemütlich. Wir schlafen oben in den neuen Räumlichkeiten, die gerade angebaut werden. Die Renovierung ist schon weit fortgeschritten, nur staubig ist es. Wir haben sogar ein eigenes kleines Bad mit WC. Die Duschen sollen bald folgen und eine neue Treppe muss noch her. Die jetzige ist zu steil, um sie Gästen anzubieten. In ein paar Wochen soll alles fertig sein für die Eröffnung. Wir sind froh über die Möglichkeit hier einen kleinen Rückzugsort zu haben, denn in Almaty steht nochmal Stress an…
Wir müssen unsere letzten Vorbereitungen für China treffen. Dazu gehört VPN herunterladen und ausprobieren. Chinesische Apps herunterladen und registrieren, alle „Notfall-Dokumente“ noch einmal kontrollieren. Aber das größte Problem ist wohl eine neue Luftmatratze zu finden. Chris Matratze verliert Luft, die letzten Monate ging es noch immer irgendwie, aber in der Mongolei werden wir wohl um jede Isolation dankbar sein. Zuerst wiegen wir uns in Sicherheit, denn wir entdecken eine vermeintlich perfekte Luftmatratze, abgesehen vom Preis der nochmal höher als in Deutschland ist. Doch als ich am nächsten Morgen wach werde und neben mir schaue, liegt Chris schon wieder auf dem Boden. Also umtauschen und weitersuchen. Schließlich nach 6 weiteren Läden, die durch die ganze Stadt verteilt liegen, kaufen wir ein einfacheres Model in einem Fachgeschäft für Fischerei, Jagd- und Militärausrüstung. Sie ist nicht ideal, aber zumindest haben wir eine. Wir sind gespannt, ob sie dem mongolischen Herbst standhält oder ob es vielleicht doch Gefrierbrand am Hintern gibt.
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